Montag, 27. Juni 2016

A Hip Guide to Happiness, Gabrielle Bernstein

Rezension:


Erst einmal ein dickes Lob für die Autorin, dass sie ihre LeserInnen dazu bringen will, ein Bewusstsein ihrer eigenen Frustrationen zu bekommen und davon abzulassen, ihre eigenen negativen Energien nach außen zu projizieren. Das ist schon allein 5 Sterne wert, denn schlimmstenfalls trifft soetwas die Sündenböcke der Gesellschaft. Dabei bleibt sie jedoch nicht. Sie will darüber hinaus ihre LeserInnen zum Glücklichsein annimieren. 'Annimieren' ist genau das richtige Wort. Denn sie bietet uns ein komplettes Programm, sozusagen ein Rundum-Sorglos-Paket zum Mitmachen und eigene Erfahrungen sammeln. Als ehemalige PR-Frau geht sie sehr pragmatisch vor und präsentiert uns eine Fitness-Meditations-Selbsterkenntnis-Kombination, die von ihr auf jedes Problem extra abgestimmt wurde und praktikabel sein soll, wenn man sich genau an die Ausführung hält. Dabei greift sie ganz tief in die Selbsterfahrungs-Trickkiste der Esoteriker der letzten Jahrzehnte. Von Eckard Tolle bis Shakti Gawain. Ihre Lieblingsquelle ist jedoch 'Ein Kurs in Wundern' der US-Foundation for Inner Peace und der Psychologin Helen Shucman.
Ihre Zielgruppe ist die von Informationen überflutete und vom burnout bedrohte Generation des 'schneller-höher-weiter-besser and the winner takes all' – Prinzips, deren Perspektive sie von Oberflächlichkeiten weg ins eigene Innere lenken will.
Und hier ist sie, die Instant-Formel, die dein Leben umkrempeln soll: Man nehme positive Affirmation, körperliche Aktivität, Meditation und intuitives Schreiben und wende diese Formel jeden Tag mindestens 30 Tage hintereinander an, dann verschwindet das Problem.
Ihrer Aussage zufolge hätte sie damit ihre eigene Suchtkrankheit in den Griff bekommen.
Wenn man beispielsweise verzweifelt ist, benutze man eine positive Affirmation wie z.B.: „Mir geht es großartig“ und eine körperliche Aktivität, z.B. Seilspringen. Man hüpfe also über das Seil und rezitiere innerlich unablässig wie ein Mantra den Satz „Mir geht es großartig“. Durch Konzentration auf das Mantra beim Seilspringen wird der Mensch für die Dauer der sportlichen Aktivität erst einmal von seiner Verzweiflung im Sinne einer Autosuggestion befreit. Anschließend mache man eine geführte Meditation (Anleitung im Buch und auf der Webseite der Autorin), dadurch kommt man zur Ruhe, weil man sich auf Einatmen und Ausatmen im Hier und Jetzt konzentriert und den Anweisungen der Autorin folgt. Anschließend nehme man sich Papier und Bleistift und schreibe zum Zwecke der Selbstreflexion alle Gedanken, die einem ohne langes Nachdenken einfallen, nieder. So weit so gut. Das wirkt für den Anfang auf jeden Fall. Damit das nachhaltig wirkt, muss es jeden Tag 30 Tage lang wiederholt werden. In dieser Zeit sollte man seinem Problem 'auf die Sprünge' gekommen sein und es sollte sich eine Veränderung der Situation einstellen, die zu dem Problem geführt hat. Soweit das Heilsversprechen.
Wie sieht das in der Praxis aus? Ich hätte Schwierigkeiten 30 Tage 'am Ball' zu bleiben. Sobald meine Verzweiflung verschwunden wäre, würde ich damit aufhören und erst wieder damit anfangen, wenn das Problem wieder auftritt. Und das ist auch der Punkt. Sie will, dass sich die Menschen von Grund auf ändern und ich will so bleiben wie ich bin. Vielleicht, weil ich ohnehin mit mir zufrieden bin. Deshalb ist das Buch meiner Meinung nach nur etwas für Menschen, die sich selbst nicht leiden können. Das belegt auch ihr Verständnis vom „Ego“ als etwas Schlechtes, als 'Angstgedanke', während demgegenüber die 'Intuition' in ihrem Verständnis als das Gute, was es sicher auch ist, hervorgehoben wird. Mich stört hierbei aber das Verhaftetsein im Dualismus. Menschen, die sich selbst nicht leiden können, haben mit dem Buch die Chance, sich selbst wieder zu mögen, weil sie sich möglichst vollständig auf ihre 'Intuition' bzw. 'innere Führung', auf 'das Gute' fokussieren. Was aber, wenn ihnen diese 'Intution' vorübergehend abhanden kommt? Dann müssen sie wie ein Junkie erneut schnell wieder zu ihrer Instant-Formel für das Glücklichsein greifen, sonst können sie nicht weiterleben. Das Ergebnis ist der Zwang zum Glücklichsein.
Lachen und Weinen gehören aber beide zum Leben dazu. Warum soll man eine Stimmung wie Verzweiflung nicht einfach einmal aushalten und als zu einem selbst gehörend anerkennen? Und sich selbst nicht auch einmal als verzweifelter Mensch annehmen und lieben? Meist löst sich diese Stimmung dann von ganz allein auf. Das ist meine Erfahrung!
In jedem Fall haben AnfängerInnen auf dem Gebiet der Esoterik mit der Bernstein Methode die Möglichkeit, dem Leben eine neue Richtung zu geben. 
 
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