Gesellschaftskritik: Die smarte Diktatur
Harald Welzer zeichnet auf rund 300 Seiten das
Bild einer Gesellschaft, die sich im Wandel befindet, im historischen
Umbruch von Moderne zu Postmoderne. Leider ist dieser Wandel ein
Rückschritt und kein Fortschritt, denn der Kapitalismus mutiert in der
Konsumgesellschaft zunehmend zum Raubtierkapitalismus, weil sich überall
'räuberische Formationen' durchsetzen, die unter dem Vorwand die Welt
zu verbessern, die Menschen versklaven und die Umwelt zerstören.
Die Ideale der Moderne, z.B. die der französischen Revolution, wie
Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit sind nurmehr Lippenbekenntnisse
einiger Politiker geworden, während in Wirklichkeit das 'Recht des
Stärkeren' regiert. (Etwas, das sich derzeit an der Ausbreitung der
Wirtschaftskriege ums Öl rund um das Mittelmeer anschaulich beobachten
lässt. Anm. d. V.) Feudalismus im neuen Gewand und Autokratien kehren
auch bei uns wieder zurück.
Die Crux ist, dass wir alle durch unseren Hyperkonsum, jeder will ein
Smartphone, ein Auto, ein Haus, etc. und alles möglichst billig,
zugleich Mittäter an der Zerstörung der Welt, zu der wir alle gehören,
sind. Kurz: wir zerstören uns selbst und keiner will es wissen.
Deshalb sind wir wie gelähmt angesichts der Katastrophen, die uns
unweigerlich heimsuchen. Denn in Wirklichkeit hat alles zwei Seiten. Das
Internet der Kommunikation, das uns verbindet, kann von den Angehörigen
der 'räuberischen Formationen' auch zum Ausspionieren gegen uns
verwandt werden. Der Energiebedarf der billigen und digitalen Produkte,
die unser Leben vorgeben bequem und lustig zu machen, führt zum Raubbau
an der Natur und zur Umweltkatastrophe. Digital ist fossil.
(Welzer, S. 220) Außerdem führt er zur Versklavung der Arbeiter an den
Abbaustätten (z.B. für seltene Erden, Kongo) und zum Vertreiben der
Menschen aus ihrer Heimat, weil dort die Wirtschaftskriege ums Öl toben.
Die Erde wird auf diese Weise zunehmend unbewohnbar. Wollen wir das?
Dieser Zusammenhang soll aber nicht in unser Bewusstsein geraten.
Deshalb wird von den 'Bewusstseinsindustrien' und in den „(a)sozialen
Netzwerken“ möglichst vieles aus dem Zusammenhang gerissen. Wir werden
mit fragmentierten Informationen bombardiert und müssen uns selbst einen
Reim darauf machen. Womit wir zunehmend überfordert werden.
Die gute Nachricht ist: Wir müssen dabei nicht mitmachen. Wir müssen
lediglich unsere Bequemlichkeit überwinden und mit dem Hyperkonsum
unnützer Produkte (wie z.B. Pokemon) aufhören. Wenn das massenhaft
gelingt, tun wir der Natur etwas Gutes. Denn unnützer Kram, der nicht
mehr nachgefragt wird, wird auch nicht mehr produziert und verbraucht
auch keine Energie mehr. Denkt einfach einmal darüber nach.
Das was euch am Leben hält, ist das, was euch wirklich wichtig ist. Das
solltet ihr herausfinden. Das geht aber nur, wenn ihr die „augmented
reality“ verweigert, denn sonst werdet ihr nicht mehr wissen, worauf es
im Leben ankommt, was für euch in eurem Leben wirklich zählt und darüber
euch selbst verlieren. Das ist der Tod.
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